Lektüre

ICOM Independent Comic Preis

XPPen-Preis für herausragende digitale Comics

Diesen Eintrag bewerten
XPPen-Preis für herausragende digitale Comics

Steff Murschetz: Der unsichtbare Freund
Undergroundcomix.de


Inspiriert vom Pulitzer-Preis-gekrönten Stück "Harvey" von Mary Chase und der Verfilmung von Henry Koster mit James Stewart, hat Steff Murschetz mit "Der unsichtbare Freund" ein Werk geschaffen, welches den klassischen Comic mit innovativer Technologie verschmilzt und den Leser in eine Welt eintauchen lässt, in der das Unsichtbare lebendig wird.

Die Geschichte von Fridolin und seinem imaginären Freund Mümmelmann wird in ausdrucksstarken Schwarzweiß-Bildern erzählt. Hintergründe und Charaktere wurden mithilfe der KI-Software Midjourney generiert und sorgfältig zu einer düsteren, visuellen Collage zusammengesetzt. Kleine Generierungsfehler wurden stehen gelassen: Hier ist die Kleidung etwas sonderlich, da schaut die Figur in zwei Richtungen gleichzeitig. Diese charmanten Makel zeigen, dass der Künstler nicht versucht, die Verwendung moderner Tools zu verbergen. Obwohl KI-Kunst in der kreativen Szene aktuell noch oft hitzige Diskussionen auslöst, lässt sich Steff Murschetz davon nicht abschrecken. Er beweist vielmehr, dass Kreativität kombiniert mit neuesten Technologien die Kunstlandschaft bereichern kann.

Der eigentliche Clou der Geschichte kommt im Übrigen zum Vorschein, wenn man die Comicseiten durch die kostenlose "Artivive"-App betrachtet. Erlaubt euch den Spaß und lest "Der unsichtbare Freund" zuerst ohne die App. Die Lektüre ist leicht und kurz, wird dadurch also nicht zu viel von eurer Zeit in Anspruch nehmen. Zieht man beim zweiten Durchlesen "Artivive" hinzu, sorgt das für kleine, unterhaltsame Entdeckungen – which is nice.

Unsere Technologie hat einen Punkt erreicht, an dem sie von Magie kaum noch zu unterscheiden ist. "Der unsichtbare Freund" fügt sich nahtlos in diese fantastische Welt der generativen KI ein, die nicht länger nur großen Firmen vorbehalten ist. Für einige ist das frustrierend, für viele beängstigend. Der Comic von Steff Murschetz zeigt allerdings, dass man mit generativer KI und Augmented Reality spannende neue Projekte ins Leben rufen kann, die zuvor undenkbar waren. Jetzt kann jeder kunstvolle Werke schaffen. Menschen, die zuvor weder die Möglichkeit noch die Zeit hatten, können wieder zu Spielkindern werden und die Ideen in ihren Köpfen durch die generative KI sichtbar machen, so wie die "Artivive-App" durch die Linse der Smartphone-Kamera Dinge in den Comic-Panels erscheinen lässt, die für den Leser sonst verborgen bleiben würden. Vielleicht sind einige von uns wegen der generativen KI irgendwann arbeitslos – aber scheiß drauf. Kunst sollte niemals exklusiv sein. Die Zukunft ist jetzt, und dass Steff Murschetz mit seinem Comic "Der unsichtbare Freund" vorangeht und damit vielleicht auch anderen Artists die Angst davor nimmt, sich mit der Verbindung von Kunst, Comic und Technologie näher zu befassen, ist schlichtweg mega.

Adroth Rian


Berrin Jost: Somnium
Selbstveröffentlichung


Wenn Träume zur Falle werden: Berrins subtile Kunst, die Schattenseiten von Träumen zu beleuchten, oder wie befreit man sich eigentlich aus einem Alptraum.
digitalIm Schlaf zu sterben – angeblich ein Segen. Doch was, wenn der Segen zum Fluch wird und alle, die dir wichtig sind, um dich herum nicht mehr erwachen?
"Somnium" ist eine visuelle und narrative Tour de Force, die tief in die dunklen Ecken der menschlichen Psyche eintaucht und in eine Welt entführt, in der der Schlaf seine Unschuld verliert und zum Schlachtfeld wird.
Berrin Jost entfaltet subtil das komplexe Wechselspiel zwischen Träumen und ihrer Schattenseite. Der Titel – aus dem Lateinischen für ›Traum‹ – eröffnet eine faszinierende Diskussion: Was geschieht, wenn der vermeintliche Segen des Schlafes zur Falle wird? Dieses Zeichenwerk stellt nicht die Flucht vor einer bedroh*lichen Realität dar, sondern die mutige Konfrontation mit den allertiefsten Ängsten.
Die Protagonistin Mika, eine Somniatorin, besitzt die seltene Gabe, in die Albträume anderer einzudringen und sie daraus zu befreien. Ihre Begegnung mit Oliver, dessen Schwester in einem endlosen Traum gefangen ist, verkörpert das emotionale Zentrum der Erzählung. Der virtuose digitale Pinselstrich zeigt auf, wie Träume als Spiegel tiefgründiger psychologischer Prozesse dienen. Die detailreichen Illustrationen, die mit Licht und Schatten spielen, machen "Somnium" zu einem optischen Hochgenuss voller sinnlicher Reize.

Illustrativ und narrativ erforscht Berrin Jost, wie Kunst emotionale Prozesse aufzeigen und therapeutisch heilend wirken kann, durch die Interaktion von Mika mit den Träumen anderer Menschen. Dies regt dazu an, eigene widersprüchliche Gefühle und Gedanken in ein kohärentes Selbstverständnis einzubetten.
Die Auszeichnung von "Somnium" durch den ICOM in der Kategorie "Herausragende digitale Comic" würdigt die künstlerische Brillanz des Werks und das Engagement seiner Schöpferin, komplexe und emotionale Geschichten zu erzählen, die unser Verständnis für die Bedeutung eines Lebens ohne Angst und die Verantwortung für den gegenseitigen Einfluss vertiefen. Es ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie das Medium ›Comic?‹ die Grenzen der Kunst erweitern und gleichzeitig die eigene Erfahrungswelt bereichern kann. In seiner Tiefe und Intensität hallt "Somnium" lange nach, wie das Echo eines fernen Schlafliedes in einer dunklen Nacht.

Sandra Nußer



.

Submit "XPPen-Preis für herausragende digitale Comics" to Twitter Submit "XPPen-Preis für herausragende digitale Comics" to Facebook Submit "XPPen-Preis für herausragende digitale Comics" to Mister Wong Submit "XPPen-Preis für herausragende digitale Comics" to YiGG.de

Updated 31.05.2024 at 14:21 by ICOM Independent Comic Preis

Kategorien
ICOM Independent Comic Preis

Kommentare

Leave Comment Leave Comment

Trackbacks

Total Trackbacks 0
Trackback URL: