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Zitat von Mick Baxter
Ich sehe da keine Abstraktion, sondern ganz praktisch: Ich frage dich "Ist das ein Comic?". Und dann kannst du nach Scott McCoud sagen: "Ja, das ist ein Comic. [...]". Oder du sagst: "Nein, das ist kein Comic [...]". Oder du sagst: "Das kann ich nicht sagen, ohne das ganze Werk zu kennen, zu wissen, wer der Urheber ist, was seine Absicht ist, in welchem Land das kreiert wurde und erschienen ist und wie die öffentliche Rezeption der Seite ist."
Du sagst es selbst sehr gut: es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, das hängt eben von meinem jeweiligen "Comic"-Verständnis ab. Wenn ich dieses Bild etwa als Werbeanzeige an einer Litfaßsäule vorfinde, würde ich klar sagen: Das ist Werbung, die sich einer gewissen Comic-Ästhetik bedient.
Im Manga-Bereich ist es im übrigen *völlig* selbstverständlich mittlerweile, "Manga" immer auch über Faktoren wie Genre, Leserschaft, Publikationswege, kulturelle Wertschätzung etc zu definieren, und alles, was dem typischen Manga nur (optisch) ähnlich sieht als "mangaesque" zu bezeichnen (habe ich die letzten Tage gerade wieder ca. 10 Vorträge zu gehört. Fast *niemand* würde heutzutage eine kontextfreie Seite wie die obige als "Manga" auffassen, ohne mehr über deine 3)-Faktoren zu wissen, das gilt für Künstler_innen ebenso wie Journalist_innen oder - erst recht - die Forschung. Gleichsam sieht sich sicher keiner in Japan als "Mangaka", der/die einfach nur privat Dinge zeichnet, die nie in einem entsprechenden Kommunikationskontext landen, das wäre völlig absurd).
Das kannst Du selbstverständlich anders sehen. Damit vertrittst Du eben einen anderen Begriff, wie gesagt. Zwingen kann man dazu niemanden, in keine Richtung. Wie auch?
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Zitat von Lukas Wilde
Im Manga-Bereich ist es im übrigen *völlig* selbstverständlich mittlerweile, "Manga" immer auch über Faktoren wie Genre, Leserschaft, Publikationswege, kulturelle Wertschätzung etc zu definieren
Deswegen ist Comic ja auch Oberbegriff zu Manga. Außerdem ist Manga Teil eines Lebensgefühls, da schwingen in Definitionen immer auch Selbstdarstellungen (des Teilnehmers an diesem Lebensgefühl) mit. Bei Punk als Teil der Musik wäre es genauso. Dennoch lässt sich auch Punk nach denselben Regeln beschreiben wie ein Lied von Schubert.
eck@rt=
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Auch das hängt wieder von meinem "Comic"-Begriff ab, und erneut gibt es keinerlei zwingende Gründe für die eine oder andere Wahl. In den verschiedenen (internationalen) Manga-Szenen ist es sehr üblich, sich deutlich von "Comics" und "Comic-Leser_innen" zu differenzieren, was dafür spricht, dass unter "Comics" hier eben "westliche Comics" (definiert über Herkunftsland oder Stil) verstanden werden. Das erfüllt einen Zweck und hat eine klare Funktion, und für gewöhnlich kann man sich so auch ganz problemlos verständigen. Wer einen präziseren Fachbegriff gebraucht sehen möchte, kann Missverständnisse vermeiden, indem er/sie eben auch Fachbegriffe verwendet, keine solchen der Normalsprache, die bereits im täglichen Gebrauch zirkulieren (und daher notgedrungen unsauber, unpräzise, nach Familienähnlichkeiten, Sprachspielen und mannigfaltigen sozialen Interessen geleitet verwendet werden). Wie im anderen Thread bereits angemerkt, wäre sonst immer mit dazu zu nennen, ob man jeweils den Normalsprachenbegriff oder den terminus technicus meint, das macht die Verständigung ungleich schwieriger (oder zumindest langwieriger). Aber ja, sonst sind wir hier ganz der gleichen Meinung.
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Zitat von Lukas Wilde
In den verschiedenen (internationalen) Manga-Szenen ist es sehr üblich, sich deutlich von "Comics" und "Comic-Leser_innen" zu differenzieren, was dafür spricht, dass unter "Comics" hier eben "westliche Comics" (definiert über Herkunftsland oder Stil) verstanden werden.
Ja, aber das ist die Blickrichtung (das Lebensgefühl), das ich meinte. Ein Vertreter der Mangaszene urteilt voreingenommen (was nicht negativ gemeint ist). Dennoch fällt ein Manga unter z. B. meine Definition des Comic, und zwar problemlos.
eck@rt=
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Zitat von Eckart Sackmann
Dennoch fällt ein Manga unter z. B. meine Definition des Comic, und zwar problemlos.
Das würde niemand bestreiten, selbstverständlich!
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Administrator
Mit etwas zeitlichem Abstand:
Definitionen werden leider, nicht wie oben beschrieben, als Eingrenzung der zu untersuchenden Sujets einer wissenschaftlichen Arbeit verwendet (mit einem dicken Disclaimer, dass das nur für diese eine Untersuchung gilt), sondern gerade auch in Publikationen mit einer gemischten Leserschaft. Also bei Büchern über Comics oft der von Lesern, die schon mehr Comics gelesen haben, als die Autoren. Und dann nicht selten mit dem Anspruch, dass das allgemeingültig sei (weil das ja seit Generationen von sogenannten Wissenschaftlern zitiert wird). Und dabei ist das selten von praktischem Nutzen, weil die Definition allenfalls die Auswahl beschreibt, auf das einzelne Werk nur anzuwenden ist, wenn bekannt ist, ob es wirklich eine massenhafte Verbreitung hat (und da sieht im Vergleich zur amerikanischen Massepresse Ende des 19. und Anfangs des 20. Jahrhunderts sogar die aktuelle Micky Maus recht bescheiden aus) und stehende Figuren verwendet. Zumal diese Kriterien auf vieles zutreffen, was mit Comics nichts zu tun hat. Was rechtfertig dann diese inhaltiche Einschränkung?
Und da gerade entdeckt: Wenige Meter von meiner Wohnung entfernt steht dieses Haus. Was lässt sich unter Anwendung der hier mehrfach zitierten Kriterien darüber sagen?
https://www.stuttgarter-zeitung.de/i...acbc60c2c.html
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