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  1. #1

    Comics nach Eckart Sackmann

    "Nach neuerer Auffassung [1] ist ein Comic 'eine Erzählung in wenigstens zwei stehenden Bildern'. Damit ist Comic Oberbegriff auch für Comic Strip, Bildgeschichte, Bildergeschichte, Manga. Der Terminus steht in Abgrenzung zu illustriertem Text (bei dem die Erzählung durch den Text getragen wird), zum (Trick-)Film (fließende Bilder, Ton) und zur Einzelbild-Erzählung (Cartoon, Einzelbildwitz). Grenzfälle sind zuweilen nur durch individuelle Einschätzung zuzuordnen. [2]"

    [1] Eckart Sackmann basierend auf McClouds Ausführung, Comics seien "juxtaposed pictorial and other images in deliberate sequence, intended to convey information and/or to produce an aesthetic responce in a viewer" oder, kurz gesagt, "sequential art" (Scott McCloud: Understanding Comics. Northampton MA 1993. S. 9). "Erzählung" setzt einen kausalen Zusammenhang zwischen den (sequenziell gereihten) Bildern voraus.

    [2] So gibt es beispielsweise Folgen der "Münchner Bilderbögen", die sich durch ihre Textmenge, die Anordnung der Bilder und die Weite der Bildfolge nicht schlüssig dem Comic zuordnen lassen. Ähnliches gilt für die meisten der sogenanten "Buschiaden", Bild/Text-Erzählungen im Stil von Buschs "Max und Moritz".

    aus: "Comic: Kommentierte Definition" in "Deutsche Comicforschung 2010"
    Comic ist der Oberbegriff von Bildgeschichte? Galt das nicht mal andersrum: "Das Prinzip Bildgeschichte" und "Comic ist die avancierteste Form der Bildgeschichte" (Andreas Platthaus)? Ist diese Umdrehung sinnvoll?

    Vor allem aber: Wenn Buschiaden Text/Bild-Erzählungen im Stil von Buschs "Max und Moritz" sind, wie kann es dann sein, daß sie keine Comics und damit auch keine Bildgeschichten sind? Was denn sonst?

    Nun kennt Eckart mehr Buschiaden als wir alle zusammen, aber die allgemeine Vorstellung von Buschiaden steht im Widerspruch zu dem von Eckart hier wohl Gemeinten.

  2. #2
    Christian Muschweck
    Gast
    Den Teppich von Bayeux als Comic zu bezeichnen, Matt Groening Strips wie den hinter dem Link (https://i.pinimg.com/originals/24/b3...21a04d42af.gif) aber auszuschließen, ist willkürlich.

    Natürlich ist die Matt Groening-Seite nach Augenschein erst einma kein Comic sondern eher ein Schaubild, wie man es in Zeitschriften findet. Da Groenings Seiten jedoch meist wie Comics aufgebaut sind und kleine Geschichten erzählen, rutscht auch dieses Schaubild in den Kontext von Comics. Damit bestätigt sich für mich Alexander Brauns Ansatz, der bei Prinz Eisenherz erst einmal die oberflächlichen Kriterien der Definition von Comics nicht erfüllt sieht. ÜBer den Kontext wird es dennoch eindeutig Comic.

    Beim Teppich von Bayeux wirkt der Begriff Comic dagegen wie gewaltsam übergestülpt. Das ist ungefähr so, als würde man bestimmte Menschengruppen vor Christi Geburt bereits als Christen bezeichnen. Es mögen noch so viele Kriterien übereinstimmen, aber ohne die Absicht, Comic machen zu wollen, wir der Teppich, Höhlenmalerei oder das mittelalterliche Simultanbild höchstens zum Quasi-Comic. Sonst wäre ja jeder Kreuzweg in jeder Kirche Comic. Und Groening nicht.

  3. #3
    Möglicherweise interpretierst du Alexander Brauns Ansatz falsch, da es ein mündliches Interview war und er den Aspekt der mehreren Bilden (der in allen Definitionen enthalten ist, auf die sich Alexander wahrscheinlich bezieht) vielleicht einfach vergessen hat. Wenn du die Defintionsversuche vor McCloud mal anschaust, wirst du feststellen, daß in allen die Forderung nach einer Sequenz enthalten ist. McCloud ist mit zwei Bildern sogar noch sehr bescheiden.

    Scott McCloud hat das mit der Sequenz ja nicht erfunden, er hat nur zweifelhafte Kriterien wie "The sequence must tell a story which is both moral and topical" und "Comics usually have a continuing character who becomes the reader's dear friend, whom he looks forward to meeting day after day or Sunday after Sunday" gestrichen.

    Ich suche immer noch die schriftliche Fixierung, die ALLE genannten Punkte enthält und komm nicht weiter als Drechsel/Funhoff, Hoffmann, die das vermutlich nicht erfunden haben.

    Daß es den Begriff "Comic" erst im 20. Jahrhundert gab (in Deutschland wurde er erst Mitte der 60er Jahre verwendet), ändert nichts daran, daß die Schöpfer des Teppichs von Bayeux und der Höhelmalereien genau das machen wollten, was sie getan haben: Geschichten in mehreren Bildern erzählen. Daß es dafür keinen (uns heute bekannten) Namen gab und die Erzähltechnik später verfeinert wurde, spielt dabei keine Rolle.

  4. #4
    Zitat Zitat von Mick Baxter Beitrag anzeigen
    Comic ist der Oberbegriff von Bildgeschichte? Galt das nicht mal andersrum: "Das Prinzip Bildgeschichte" und "Comic ist die avancierteste Form der Bildgeschichte" (Andreas Platthaus)? Ist diese Umdrehung sinnvoll?
    Die Antwort würde mich nach wie vor interessieren.

  5. #5
    Eckart Sackmann
    Gast
    Comic ist der Oberbegriff, weil es nun (leider) der gängige Begriff im deutschen Sprachraum ist. "Bildgeschichte" ist noch ungeläufiger (und unpräziser) und wird gern mit "Bildergeschichten à la Busch" verwechselt.

    Buschiaden bedürften einer näheren Untersuchung, denn es gibt solche mit "relativ" hohem Bildanteil und solche mit wenigem. Man kann nicht alle Buschiaden auf "Max und Moritz" zurückführen, sondern muss auch das späte Bildergeschichtenwerk Buschs als Inspirationsquelle einbeziehen. Eine Fleißarbeit: Rühle ("Böse Kinder") nennt allein zu den Max-und-Moritziaden weit über 2000 Titel.

    eck@rt=

  6. #6
    Nach deinem oben zitierten Text ist aber "Comic" auch der Oberbegriff von "Bildergeschichte". Und auch bei diesen ist ja der Bildanteil sehr unterschiedlich. Deshalb wäre es eigentlich logischer, "Bildergeschichte" als Obergegriff zu sehen und "Comics" als eine Sonderform (viele Bilder, meist enge Bildfolge) mit den üblichen weichen Grenzen. Nach deiner Begriffsverwendung fehlt der weiche Übergang auch sprachlich, denn Bildergeschichten, die keine Comics sind, sind dann was?

  7. #7
    Eckart Sackmann
    Gast
    Wenn man hinguckt, sieht man in der Regel schon, ob Comic oder nicht, wenn man die wichtigsten Kriterien im Kopf hat. Und wenn nicht, na und?

    eck@rt=

  8. #8
    Nun gibt es aber narrative Verbildlichungen, die "man" nicht als Comic wahrnimmt, als Bildergeschichte aber doch. Nach deiner Definition gibt es die aber gar nicht. Bildergeschichten, die keine Comics sind, sind auch keine Bildergeschichten.

  9. #9
    Unregistriert
    Gast
    Die deutsche Angst, das Wort "Bilderbuch" zu verwenden, und damit in eine Kleinkinder-Ecke gesteckt zu werden.

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  10. #10
    Nein, Bilderbuch bezeichnet ein Buch, bei Comic, Bildgeschichte und Bildergeschichte geht es aber nicht um die Publikationsform.

    Außerdem ging es ja auch um

    Zitat Zitat von Eckart Sackmann Beitrag anzeigen
    Buschiaden bedürften einer näheren Untersuchung, denn es gibt solche mit "relativ" hohem Bildanteil und solche mit wenigem.
    Erzählungen mit geringem Bildanteil als Bilderbuch zu bezeichnen, träfe es nicht wirklich.

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