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  1. #11
    Eckart Sackmann
    Gast
    Ich denke, es geht Burkhard nicht nur um Braun, sondern darum, den Ursprung älterer Definitionen zu finden. Wenn Alexander sich "auf viele verschiedene Quellen bezieht", so ist das nicht eben eine wissenschaftlich nachvollziehbare Aussage.

    eck@rt=

  2. #12
    Michael F. Scholz
    Gast
    Mir ist hier nicht mehr klar, worum es eigentlich geht, um die Definition oder um deren Geschichte.
    Ich empfehle ein historisches Herangehen (wie in der Linguistik) - wann taucht der Begriff Comics (oder comic-strip) bei wem und warum auf, wie sieht die Definition aus, welche Inhalte (!) werden genannt, ab wann spielt Form eine Rolle. Ein solcher Überblick ist zwar aufwendig, doch, wenn wir uns zunächst auf die USA beschränken, überschaubar. Eine wichtige Quelle könnten hier die vielen Kurse (How to draw cartoons etc.) sein, die von Leuten der Praxis (Briggs u.a.) geschrieben wurden.
    Interessant wird es dann, wenn wir die internationale Entwicklung betrachten.
    Am Anfang waren die Cartoons ...
    Für King Features ging es immer um die Ware, die sie an die Redaktionen verkauften; und da ist die Form Einzelpanel natürlich inbegriffen, denn das Medium ist bestimmend.
    Um die amerikanischen Comics von den „cartoon-stories“ (und der europäischen Traditione) abzusetzen (bzw. den historischen Schritt nach vorn zu erklären), lag der Fokus dann auf der wiederkehrenden Figur.
    Spätestens seit Mitte der 1930er Jahre wurde dann mit dem Begriff „Comics“ gehadert (oder eben mit der Weiterentwicklung der Comics).
    Vielleicht ist hier ein Blick auf die Berufsvereinigungen der Comic Creators am Platz: The National Cartoonists Society (NCS): Among the members were syndicated panel cartoonists, freelance magazine cartoonists, sports and editorial cartoonists and even comic book artists. The organization's intentions were "to advance the ideals and standards of professional cartooning in its many forms", "to promote and foster a social, cultural and intellectual interchange among professional cartoonists of all types" and "to stimulate and encourage interest in and acceptance of the art of cartooning by aspiring cartoonists, students and the general public."
    Mit der Anti-Comicdebatte (ab 1947!) wurde dann die Unterscheidung wichtig; da war es natürlich ein Problem, dass die Tages- und Sonntagsstreifen auch in Comic Books gesammelt erschienen, und die ebenso harter Kritik ausgesetzt waren.
    Wenn es um Ausstellungen von Originalzeichnungen ging, wurde es immer ein Mix (ab 1948 meist zusammengestellt von NCS) von comic strip art, illustrations, political cartoons, gag or humorous cartoons.
    Das hilft zwar nicht bei der Definition, macht aber vielleicht auch deutlich, wie abhängig die Definition vom jeweiligen Bedarf nach Abgrenzung war.

  3. #13
    Eckart Sackmann
    Gast
    Dies ist nun gerade der Thread zu den Stehenden Figuren, Michael, aber was Definitionen angeht, hast du natürlich recht, dass man alle "Beschreibungen" des Comic historisch betrachten muss. Und nach dem Sprachraum: ein Cartoon ist in den USA was anderes als in Deutschland.

    eck@rt=

  4. #14
    Zitat Zitat von Stephan Packard Beitrag anzeigen
    Was genau suchst Du hier? Braun sagt ja schon im ersten zitierten Satz, dass er sich auf viele verschiedene Quellen bezieht. Gemeinsam haben sie nach seiner Aussage nur, dass sie den Comic als ein Medium verstehen, dessen Entstehung auf das Ende des 19. Jahrhunderts festgelegt ist. Davon, dass es eine einzelne Quelle gibt, auf die sie sich alle beziehen, sagt er nichts.
    Ich kenne diese Defintion schon seit 40 Jahren, vielleicht nur aus Funhoff/Drechsel/Hoffmann, vielleicht steht sie auch in anderen Sekundärwerken dieser Zeit. Reinhold Reitberger z. B. führt in seiner Einleitung zum Ausstellungskatalog "Comics" von 1974 drei Kriterien auf:
    • mehrere Bilder
    • Text und Bild befinden sich innerhalb des Bildes
    • es muß sich um eine Serie handeln

    Da sind schon zwei von drei Kriterien höchst zweifelhaft.

    Und wenn die Definition, die hier das Thema ist, nur eine ärgerliche historische Episode wäre, würde ich vielleicht achselzuckend darüber hinweggehen. Aber nun bekennen sich ja immer mehr Leute dazu (Braun, Bachmann, auch Packard hab ich im Verdacht), also vorwiegend Leute, die die "Erfindung der Comics" Ende des 19. Jahrhunderts in Amerika sehen. Dazu wurde die Definition ja gemacht. Aber wenn man sie heute konkret anwenden will, kommt man zu keinem sinnvollen Ergebnis.

  5. #15
    Zitat Zitat von Mick Baxter Beitrag anzeigen
    Aber nun bekennen sich ja immer mehr Leute dazu (Braun, Bachmann, auch Packard hab ich im Verdacht), also vorwiegend Leute, die die "Erfindung der Comics" Ende des 19. Jahrhunderts in Amerika sehen. Dazu wurde die Definition ja gemacht.
    Dann wollen wir den Verdacht mal ausräumen. Braun geht es an der zitierten Stelle nicht um eine komplette Definition des Comics, das sagt er ausdrücklich. Er bespricht dort die Frage, ob es für bestimmte Fragestellungen sinnvoll ist, sich die Entwicklung bestimmter Medien ab den Publikationen der ersten großen massenmedialen Tageszeitungsstrips aus New York im späten 19. Jahrhundert anzusehen. Das bejaht er, und das bejahe ich auch: Da findet eine sehr schnelle und seither sehr einflussreiche Entwicklung statt, die die späteren Produktionen und vieler Leute Vorstellungen stark geprägt hat. Wer das aber für ein Bekenntnis oder gar noch für ein Bekenntnis zu einer Definition hält, hat die Aussage missverstanden.

    Viel sinnvoller, meine ich, als eine Definition festzurren zu wollen und ein für allemal zu entscheiden, ob zum Beispiel Massenmedialität zum Comic dazugehört, ist es, danach zu fragen, was sie für den Comic bedeutet. Man stelle sich etwa den folgenden Dialog vor:

    A: Sag mal, ich höre, du machst Comics? Stimmt das?

    B: Naja, ich hab ein paar Comics gezeichnet, sie sind aber nie publiziert worden.

    Wer diese Antwort intuitiv verständlich findet, hat offenbar ein Konzept von Comics, das etwas mit massenmedialer Verbreitung zu tun hat. Er oder sie versteht nämlich, warum jemand meint, nicht publiziert zu werden schränke die Behauptung ein, man mache Comics. Das genauer zu erforschen, ist viel produktiver, als binär entscheiden zu wollen, ob das, was B gemacht hat, nun Comics heißen darf oder nicht.

  6. #16
    Michael F. Scholz
    Gast
    Hier also zu den stehenden Figuren (und etwas Definition):

    Clare A. Briggs (1926):
    “The comic strip is the chief exponent of slap-stick humor. It is typically American, a real American institution. … There are good comic strips and bad ones. The best ones are in reality comedies of manners in picture form. … The comic strip differs from other cartoon work. It is based on one or two–or even more–characters who appear in the strip from day to day. … The idea of continuity is the basic principle in the comic strip.”

    Frank F. Greene (1941) unterscheidet zwischen Theme Series (Hatlo's They'll Do Every Time) und Character Series (Polly and Her Pals)

  7. #17
    Zitat Zitat von Stephan Packard Beitrag anzeigen
    Dann wollen wir den Verdacht mal ausräumen. Braun geht es an der zitierten Stelle nicht um eine komplette Definition des Comics, das sagt er ausdrücklich.
    Ausdrücklich? Offenbar nicht so explizit, als daß das daraus hätte herauslesen können. Und ich hab ja auch per E-Mail mit ihm über die Frage kommunziert.

    Es gibt Kollegen, wie den geschätzten Eckart Sackmann und dich offensichtlich auch, die definieren alle Erzählformen, die aus Bild und Text bestehen als Comic, somit auch alle Bilderbögen des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus Beispiele tief in die Menschheitsgeschichte zurück. Und es gibt viele andere Kollegen, zu denen ich mich zähle, die den Begriff »Comic« enger fassen und die Entstehung des Mediums auf das Ende des 19. Jahrhunderts datieren, auf den ersten Auftritt von Richard Outcaults Yellow Kid.
    Es geht Braun also um den Begriff Comic, nicht um eine bestimmte Fragestellung.

    Zitat Zitat von Stephan Packard Beitrag anzeigen
    Man stelle sich etwa den folgenden Dialog vor:

    A: Sag mal, ich höre, du machst Comics? Stimmt das?

    B: Naja, ich hab ein paar Comics gezeichnet, sie sind aber nie publiziert worden.

    Wer diese Antwort intuitiv verständlich findet, hat offenbar ein Konzept von Comics, das etwas mit massenmedialer Verbreitung zu tun hat. Er oder sie versteht nämlich, warum jemand meint, nicht publiziert zu werden schränke die Behauptung ein, man mache Comics. Das genauer zu erforschen, ist viel produktiver, als binär entscheiden zu wollen, ob das, was B gemacht hat, nun Comics heißen darf oder nicht.
    Das kannst du gerne erforschen, aber da du den Dialog nur imaginiert hast und jeder Comiczeichner weiß, daß das, was er gerade gezeichnet hat, ein Comic ist, auch bevor er veröffentlicht wurde (so wünschenswert das auch wäre), kommt vermutlich nichts dabei raus.

  8. #18
    Zitat Zitat von Stephan Packard Beitrag anzeigen
    Was genau suchst Du hier? Braun sagt ja schon im ersten zitierten Satz, dass er sich auf viele verschiedene Quellen bezieht.
    Das sagt er ja nun nicht auch nur im Ansatz. Er sagt, daß es Kollegen gibt, die das Gleiche meinen wie er. Weder sagt er, daß er sich auf diese Kollegen bezieht, noch, daß sie ihre Meinung schriftlich niedergelegt haben. Und schon gar nicht läßt sich da herauslesen, daß Braun sich das aus verschiedenen Quellen zusammengebastelt hat. Wenn diese Kollegen schon das Gleiche meinen, dann doch vermutlich in allen wesentlichen Punkten. Und da die vermutlich nicht alle Funhoff/Drechsel/Hoffmann gelesen haben, gibt es wohl eine andere Quelle, aus denen die alle geschöpft haben.

    Und da es mir gar nicht um Braun geht, sondern um diese über 40 Jahre alte Definition, hätte ich gerne gewußt, wo die herkommt.

  9. #19
    Zitat Zitat von Michael F. Scholz Beitrag anzeigen
    Mir ist hier nicht mehr klar, worum es eigentlich geht, um die Definition oder um deren Geschichte.
    Es geht ausschließlich darum, daß es mehrere Definitionsansätze parallel gibt. Und ich habe mir einige angeschaut und habe Fragen dazu gestellt, auf die hier nur keiner eingegangen ist, weil es wichtiger ist zu erklären, daß Definitionen ja eh nur für einen bestimmten Zeck gut sind. Leider kann man den Zweck der existierenden Definitionen ja nur erraten. Die Definition in diesem Thread des Forum läßt allerdings den Verdacht aufkommen, daß sie nur so formuliert wurde, um "The Yellow Kid" als ersten Comic erscheinen zu lassen. Für alle anderen (zumindest für die, die die Verfasser kannten) gibt es alberne Ausschlußkriterien wie "stehende Figuren", "massenhafte Verbreitung" und "die Aufhebung der räumlichen Trennung von Erzähltext und Illustration" (letztere noch am wenigsten albern).

    Die Fragen zu "stehende Figuren und massenhafte Verbreitung" sind:

    Wenn also auch die Quelle immer noch nicht geklärt ist, so kann mann man doch schon mal feststellen, daß die Definition, die Bildfolgen, serielle Produktion, stehende Figuren, Sprechblasen und massenhafte Verbreitung einfordert, Fragen aufwirft.

    Zunächst einmal: Was ist unter stehenden Figuren und massenhafter Verbreitung konkret zu verstehen? Alexander Braun spricht sogar von Massenmedium, was die Sache nicht klarer macht, denn es gibt unterschiedliche Begriffe von Massenmedien (und daß der Comic selber zum Massenmedium wurde und nicht etwa nur in Massenmedien erschien, ist nicht zwingend mehrheitsfähig).

    Wann wird eine wiederkehrenee Figur zu einer stehenden Figur? Was bedeutet das bei einem Strip in Fortsetzungen? Werden die handelnden Personen schon mit der zweiten Folge zu stehenden Figuren oder erst bei einem zweiten Handlungsstrang? Sind also "Das Lied von Bernadette" und "Abenteuer zweier Ritterknaben" keine Comics, weil es keinen zweiten Handlungsstrang gibt (und analog auch alle Graphic Novels)?

    Die andere Frage ist: Wofür taugt diese Definition? Kann man anhand ihrer Kriterien nur festlegen, seit wann es Comics gibt (also irgendwann zwischen 1894 und 1896), was nicht verwunderlich ist, schließlich wurde sie genau zu diesem Zweck gestrickt, oder kann man damit auch ganz konkret eine Bildgeschichte analysieren und einordnen?

  10. #20
    Lukas Wilde
    Gast
    Zitat Zitat von Mick Baxter Beitrag anzeigen
    Das kannst du gerne erforschen, aber da du den Dialog nur imaginiert hast und jeder Comiczeichner weiß, daß das, was er gerade gezeichnet hat, ein Comic ist, auch bevor er veröffentlicht wurde (so wünschenswert das auch wäre), kommt vermutlich nichts dabei raus.
    Nun sprichst Du aber der gesamten Diskussion hier jeglichen Sinn ab. Zuvor ging es noch darum, gemeinsam zu erörtern, was (aus welchen Gründen) ein "Comic" sein könnte, nun aber erklärst Du es als bereits entschieden - ein Comic ist "das, was jeder Comiczeichner weiß". Damit trittst Du aber aus dem Dialog aus. Das, was "jeder weiß", galt es doch gerade noch zu klären. Du vertrittst eine von vielen möglichen Positionen (eine andere hat Stephan gerade plausibilisiert), nun aber nicht mehr mit Argumenten, sondern über "common sense". So "common" ist dieser natürlich keineswegs, sonst würden diese Diskussionen nicht seit Jahrzehnten geführt, und sonst hättest Du wohl auch nicht zu dieser Unterhaltung aufgerufen. Auch daher ist Stephans aufschlussreicher Gedankengang sehr ernst zu nehmen.

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